Das eine sehen wir in der Reitbahn. Der Kopf ist gesenkt. Die Lippen sind verkniffen. Es müht sich so gut es geht. Das andere sehen wir auf der Wiese. Dort spielt es mit seinen Kameraden. Der Kopf ist hoch erhoben, der Hals frei getragen. Es ist im Gleichgewicht. Ohrenspiel und Maul sind entspannt.
Was hat es mit diesem Unterschied auf sich, habe ich mich immer wieder gefragt.
Vorallem nachdem ich Pinochio sah, wie er - auf der kleinen Weide direkt neben dem grossen Reitplatz - seinen Freund Nidal begrüsste. Pinochio, unter einem Sattel hölzern, wenig kooperativ und kein bisschen zufrieden, hob den Hals, zäumte sich bei, setzte sich auf die Hanken und hob an zum Tanz. Er begrüsste seinen vermisst geglaubten Gefährten würdig, mit dem pompösen Zeremoniell, welches nur Pferde einfach so - ohne Ankündigung - aus dem Boden stampfen können.
Heute gibt es zu diesem Thema Weiteres zu berichten.
Walk-on-Top wurde in jungen Jahren auf einer deutschen Stutenleistungsprüfung fast ruiniert. In den mehr als zehn Jahren, die inzwischen vergangen sind, habe ich sie immer wieder auf der Weide laufen sehen. Sie hat ein fröhlich/verschmitztes Gesicht dabei und doch wirkte sie manchmal, als sei sie lieber das liebste Reitpferd eines gerechten Reiters.
Die Arbeit unter dem Sattel erwies sich als schwierig. Sie war voller Misstrauen, drohte sobald ich den unbekannten Schmerzpunkten in ihrem Körper (zum Beispiel beim Wenden) zu nahe kam. Sie beherrscht ein schnelles Kurzkehrt, um meinen Anweisungen geschickt zu entweichen. Ganze und halbe Parade gehörten nicht zu ihrem reiterlichen Vokabular.
Nun gut, mit Walk-on-Top habe ich die heilende und kommunikative Wirkung der Vorhandwendung entdeckt und danach ganz langsame Bewusstsein fördernde Tai Chi Übungen fürs Pferde begonnen. Und, - in diesem Zuge hat sie eingelenkt und mir ihre Freundschaft angeboten. Komisch war nur eines. Ich hatte nun nicht mehr die fröhliche, immer etwas unwillige, häufig ungelenke und manchmal etwas trampelige Warmblutstute vor mir, die ich auf der Weide immer wieder beobachten konnte. Nein, nun war sie eine gut erzogene, gesittete, brave Stute mit gesenktem Kopf, zusammengekniffenen Lippen und verspannten Ohren.
Was ist los, habe ich mich gefragt. Denkt sie ich will dasselbe von ihr wie die Reiter, die sie gleich zu Beginn ihres Lebens unter dem Sattel fast ruiniert haben. Hat sie jetzt, zehn Jahre später der Tortur von damals zugestimmt?
Unter dem Sattel hat sie inzwischen begonnen sich aufzurichten. Sie lernt den gezählten, ganz abgekürzten Schritt, in dem ihr eigenen lebhaften Tempo. Und, - bei den Vorbereitungen an der Hand heute bekam ich endlich zu sehen, warauf ich gewartet habe. Ich sah immer abwechselnd das dienstverpflichtete verkniffe und das frei fröhliche Pferd. Der Unterschied, sobald sie den Hals hob und sich auf die Hanken setzte was sie fröhlich und frei, wenn sie den Hals senkte und die Hanken entlastete war sie wieder die bemühte stumpfe Maschine.